Rezension zu Roland Lampes Buch „Der Wald verwandelt sich in Traum – Christian Morgenstern in Birkenwerder“ von Jürgen Raßbach, Vorsitzender der Christian-Morgenstern-Gesellschaft in Werder/Havel:

»Ist Christian Morgenstern, vor 150 Jahren in München geboren, im Verlaufe seines Lebens Brandenburger geworden? Ganz gewiss nicht. Eher schon ein Berliner. Eigentlich aber war er ein nomadisierender Wanderer, den es durch halb Europa trieb. Er war, auch im Brandenburgischen, gern unterwegs, reiste viel, aber die meisten Anlässe dazu entsprangen seiner Tbc-Erkrankung, die ihn wie einen Zugvogel umtrieb. Auch sein achtmonatiger Aufenthalt im Sanatorium Birkenwerder war der Erholung seines geplagten Körpers geschuldet.

Der in Hohen Neuendorf aufgewachsene und in Berlin lebende Schriftsteller Roland Lampe hat eine bemerkenswerte, sorgfältig recherchierte und reich bebilderte Untersuchung dieses Lebensabschnitts vorgelegt, die in jeder Hinsicht allen Ansprüchen gerecht wird, welche eine an gründlicher Information interessierte Lektüre stellt. Entstanden ist eine vielschichtige, durchaus unterhaltsame und gut lesbare Studie, die sowohl über Birkenwerder und seine Entwicklung zum beliebten Kurort informiert als auch das wechselnde Befinden des Patienten beleuchtet.

Morgenstern, ein passionierter Briefschreiber, hat sich regelmäßig in seiner Korrespondenz darüber geäußert, eine Quelle, auf die der Autor immer wieder zurückgreift. So erfahren wir zum Beispiel auch von der kurzzeitigen Verzauberung, in die ihn eine vierzehnjährige russische Jüdin versetzte. Länger anhaltend ist der Zauber, den die märkische Landschaft auf ihn ausübt, die einsamen Kiefernwälder, der Nebel, „der Kernwinter“, einzigartige Eindrücke, die sich zu eindrucksvollen Naturgedichten formen. Roland Lampe verweist darauf, dass einige der schönsten Beispiele aus dem Lyrikband „Melancholie“ in Birkenwerder entstanden sind.

Dennoch hat Morgenstern mehrfach die Gelegenheit benutzt, die kulturellen Angebote der gut zu erreichenden Reichshauptstadt zu nutzen, besonders angetan haben es ihm die Aufführungen des Russischen Künstlertheaters. Aber er liest auch viel, und wieder sind es Russen, auf die Lampe genauer eingeht: Dostojewski und der Anarchist Fürst Kropotkin.

Der Autor kann am Briefwechsel Morgensterns mit seinem Verleger Cassierer zeigen, dass auch die Lektoratsarbeit weitergeführt wird, im Mittelpunkt stehen dabei neben nordischen Autoren die Romane Robert Walsers, Morgensterns wichtigste literarische Entdeckungsleistung. Dass er auch eine Ausgabe Walthers von der Vogelweide herausgeben wollte, dürften nur die Wenigsten gewusst haben.

Intensiv widmet sich Lampe Morgensterns „Hinwendung zur Mystik“ und lehnt mit Recht den Begriff „Wandlung“ ab, indem er ausführt, dass sich dessen schon früh einsetzendes Erkenntnisstreben in diese Richtung tendierte, genauso wenig zufällig wie Morgensterns spätere Hinwendung zu Rudolf Steiners Anthroposophie.

Es ist zu wünschen, dass dieses Buch eine große Leserschaft findet. Bereichert werden sie beide sein: die, die Morgenstern kennen und lieben, aber auch jene, für die es eine Tür zu einem noch unbekannten, faszinierenden Autor öffnet.«

Roland Lampe
Der Wald verwandelt sich in Traum – Christian Morgenstern in Birkenwerder

1. Auflage 2021

96 Seiten, Format 12 x 21 cm,
Broschur mit Klappen,
bebildert mit historischen Abbildungen und Fotos,
ISBN: 978-3-933603-69-2
Preis: 10 Euro,

Erhältlich im Buchhandel oder über diese Webseite: klick.

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