Der Wiederaufbau der kriegszerstörten Marienkirche in Chojna feiert sein 30-jähriges Jubiläum. Die Instandsetzung der Kirche ist ein hervorragendes Beispiel erfolgreicher deutsch-polnischer Verständigung, ökumenischer Zusammenarbeit und Freundschaft.

Im Februar 1945 besetzte die Rote Armee die Stadt Königsberg in der Neumark und begann damit die Häuser niederzubrennen. Der größte Teil der Innenstadt fiel den Flammen zum Opfer. Auch die Marienkirche, entstanden im 14. Jahrhundert, brannte nieder. Der hölzerne Dachstuhl, das Sterngewölbe und die historische Ausstattung wurden zerstört. Übrig blieb eine Ruine, deren ausgebrannter Kirchturm als Stumpf für Jahrzehnte in den Himmel ragte.
In die völlig zerstörte Stadt zogen, anstelle der deutschen Bevölkerung, Polen ein, die sich ein neues Zuhause schaffen mussten. Polnische Denkmalpfleger erkannten nach dem Krieg zwar den kulturhistorischen Wert der Kirchenruine, allein es fehlten die finanziellen Mittel für die Sicherung und den Wiederaufbau.

 

Links: Ansichtskarte von 1940 mit Blick auf die Marienkirche. Die Häuser auf diesem Bild wurden alle zerstört. Rechts: die ausgebrannte Ruine 1946.

1986 besuchte der Architekt Günther Kumkar aus Hannover seine ehemalige Heimatstadt, die nun den Namen Chojna trug. Er gab den Anstoß für die Rettung und den Wiederaufbau der Kirche. Einen tatkräftigen Partner vor Ort fand er in dem Prälaten Antoni Chodakowski. Erste Räumungs- und Sortierarbeiten begannen noch in den 1980er-Jahren.
Weitere wichtige Stationen im Prozess des Wiederaufbaus waren die Gründung eines Fördervereins 1991 und die Gründung der deutsch-polnischen Stiftung Marienkirche im Jahr 1997. Mit vereinten Kräften konnte das Kirchenschiff gerettet werden. Des weiteren wurde der Kirchturm gesichert und wiederaufgebaut. Die Marienkapelle erfuhr ihre Wiederherstellung. Das Chordach musste zweimal erneuert werden.

 

Links: Günther Kumkar (2.v.l.), der Initiator des Wiederaufbauprojektes. Rechts: Deutsche und Polen bei Aufräumarbeiten im Kirchenschiff im Jahr 1988.

 

Das nun 30-jährige Aufbauwerk hat ein großartiges Baudenkmal gerettet, das als Begegnungsstätte für Menschen beiderseits der Oder dient und Deutsche und Polen in Freundschaft verbindet. Die Marienkirche dient heute als Stätte für katholische und evangelische Gottesdienste im Sinne der Ökumene. Das Aufbauwerk soll weitergehen. Die Rekonstruktion der einst prächtigen Sterngewölbe wird angestrebt.

 

Der wiederhergestellte Kirchturm hat heute wieder eine begehbare Aussichtsplattform.

 

Das Jubiläum ist auch Anlass für eine Ausstellung, die im September 2021 in der Marienkirche eröffnet wurde und besichtigt werden kann. Sie zeigt die Geschichte der Kirche und die Geschichte ihres Wiederaufbaus nach 1945. Parallel dazu ist die Ausstellung in etwas kleinerer Form auch im Oderlandmuseum Bad Freienwalde installiert.
Dieses Ausstellungsprojekt wurde gefördert durch die Europäische Union aus Mitteln des Fonds für Regionale Entwicklung sowie den Landkreis Märkisch-Oderland, die Stadt Bad Freienwalde (die Mitstifterin in der Stiftung Marienkirche ist) und die Sparkassenstiftung Märkisch-Oderland.

 

Reinhard Schmook erläuterte zur Ausstellungseröffnung am 17. September in Chojna geschichtliche Hintergründe und die Etappen der Wiederherstellung.
Blick auf einen Teil der Ausstellung im Kirchenschiff.
Heutiger Blick zum Altar durch das Innere der Marienkirche.

 

Die zur Ausstellung gehörende Begleitschrift ist im September im Findling Verlag erschienen. Sie wurde verfasst von Peter Helbich und Reinhard Schmook. Peter Helbich ist der Vorsitzende des Fördervereins zum Wiederaufbau der Marienkirche und der 2. Vorsitzende der Stiftung Marienkirche. Reinhard Schmook ist Mitglied im Vorstand der Stiftung Marienkirche. Zahlreiche Publikationen zur Kulturgeschichte und Volkskunde des Oderlandes stammen von ihm.

Das Buch gibt mit über 120 Abbildungen Einblick in die Geschichte und Ausstattung der Marienkirche vor der Zerstörung. Das Buch dokumentiert des weiteren den Zustand nach der Zerstörung 1945 und die Etappen der Instandsetzung der Ruine ab den 1980er-Jahren. Die Texte im Buch sind zweisprachig deutsch-polnisch. Erhältlich ist die Begleitschrift im Oderlandmuseum in Bad Freienwalde oder über unseren Online-Shop: klick.

Zurück